Ja, Bouldern gehen ist teuer. Dadurch lohnt es sich nicht wirklich nur für’s Training in die Halle zu gehen. Zum Glück gibt es viele Übungen und Tools die du zuhause nutzen kannst, um das nächste mal in der Halle ein bisschen mehr die Routen zu rocken.

Wieso du zuhause trainieren solltest

Nicht nur wegen der Kosten solltest du ab und an deinen Hintern zuhause in Bewegung setzen, sondern auch wegen der anderen Übungen und Muskeln die man trainiert. Nur zu Bouldern ist auch wieder sehr einseitig und ein ausgleichendes Training ist immer notwendig. Außerdem wirst du dadurch automatisch ein besserer Boulderer, wenn du deinen ganzen Körper stärkst und deine Schwächen kompensierst. In meiner Zeit als Personal Trainer musste ich immer wieder auf das Thema des Trainings ohne Fitnessstudio eingehen und habe daher viel Erfahrung gesammelt was sinnvoll und was weniger sinnvoll ist. Ein gesunder Lebensstil bedingt ein ausgeglichenes Trainingskonzept und ich möchte dir mal ein paar Möglichkeiten vorstellen, wie du das zuhause erreichen kannst. Daher stelle ich dir heute die wichtigsten Home-Übungen für Boulderer in einem kleinen Trainingsprogramm vor.

Fingerboards und Fingerkraft

Fingerkraft ist wohl mit das wichtigste beim Bouldern. Anfangs machte ich extreme Fortschritte, dann war es mit nur 1x Bouldern pro Woche nicht mehr getan, um eine stärkere Griffkraft zu bekommen. Ergebnis: Stagnation. Natürlich sollte ein Fingerkraft Training eher nach 1-2 Jahren aktivem Bouldern stattfinden und immer mit höchster Aufmerksamkeit durchgeführt werden. Hier direkt Vollgas zu geben, wird dir eher schaden, als nützen.

Genug der Moralpredigt: Wie macht man’s denn nun?

Um zuhause Fingerkraft zu trainieren kommst du nicht um das entsprechende Equipment drumherum. Wenn du auf das Bild klickst findest du eines der beliebtesten Fingerboards für dein Training, welches du einfach über deine Tür hängen kannst.

Falls du eine günstigere Variante bevorzugst, kannst du dir natürlich passende Leisten aus einem Klettershop und eine Holzplatte aus dem Baumarkt kaufen, um dir selbst ein Board zusammenbauen. Aus eigener Erfahrung kommst du dann auf ca. 30-40 € Kosten. Die Nutzungsmöglichkeiten und Langlebigkeit sind jedoch eher dürftig.

10×10 Programm

10 Griffarten und 10 Sekunden. Hänge dich bei einer Trainingseinheit jeweils 10 Sekunden an eine Griffart und mache dazwischen 10 Sekunden Pause. Versuche dabei so viele verschiedene Griffarten wie möglich auszuprobieren.

Was gibt’s zu beachten?

Nicht übertreiben! Das schlimmste (und unnötigste) was passieren könnte ist, dass du dich beim Fingerkrafttraining verletzt. Gerade wenn du kein professioneller Boulderer bist. Versuche erst deine Fingerkraft auf Ausdauer zu trainieren und nicht auf Maximalkraft. Dadurch wirst du auch schon wesentlich besser und deine Ringbänder (kleine Bänder, die deine Sehnen am Fingerglied fixieren) überleben diesen Prozess.

Falls du schon langjährig sport treibst und immer mal wieder was mit den Händen gemacht hast – wie beim Turnen oder Calisthenics – kannst du ruhig etwas schneller zur Sache kommen. Deine Finger sind es dann schon gewohnt. Falls du sonst ein kompletter Sportmuffel bist rate ich dir komplett von dieser Art Training ab.

Warnsignale

Drücke mit dem Daumen etwas unterhalb des jeweiligen Fingergelenks auf deine Finger. Wenn du einen leichten Schmerz verspürst fahre das Extra-Training runter. Falls dieser Schmerz lange anhält mache auf jeden Fall eine etwas längere Pause.

Beweglichkeit – Fuß hinter’s Ohr und so

Die Beweglichkeit ist extrem wichtig. Was ich am Bouldern so geil finde ist, dass Frauen und Männer 100% die gleichen Schwierigkeitsgrade machen können. Ich habe schon Wettkampf-Qualifikationen gesehen in denen trotz gemischter Teilnehmer nur Frauen an der Spitze waren. Warum? Beweglichkeit! Wenn du ein Bein als dritten Arm einsetzen oder dich gekonnt zwischen zwei Volumen schlängeln kannst, hast du einen riesen-Vorteil. Umgekehrt ist unbeweglich sein ein großer Nachteil, da du mit Kraft gegen deine eigene Unbeweglichkeit ankämpfen musst.

Dehnen

Der Fokus sollte hier auf der Hüft- und Brustwirbelsäulen-Mobilität liegen. Hierzu empfehle ich dir folgende Übungen bei jeder Trainingseinheit durchzuführen:

  1. Couchstretch
  2. Piriformis Stretch
  3. Frog Stretch
  4. BWS Rotation in Seitlage
  5. Latissimus Stretch (Hilft gegen die „Boulder Shoulder“ und öffnet deinen Brustkorb)
  6. Unterarmstretch

Wenn du diese Begriffe bei Google eingibst, findest du direkt die passenden Übungen dazu.

Training

Kraft ist extrem wichtig fürs Bouldern. Nicht nur musst du eine durchgehende Körperspannung halten können, auch brauchst du bei schweren Routen genügend Kraft in den Armen und Beinen, um zum Top zu kommen. Folgende Körperpartien und Übungen werden dir helfen stärker im Bouldern zu werden und deine Gelenke langfristig gesund zu halten.

Beine

1. Ausfallschritte zur Seite (evtl. mit Zusatzgewicht)

 

Zu beachten:

  • Schiebe dein Knie weit nach vorne, die Ferse bleibt dabei auf dem Boden
  • Lasse das lange Bein komplett gestreckt
  • Brustbein nach oben drücken für einen graden Rücken
  • Hände vor den Körper oder lang überkopf

 

 


2. Ausfallschritte nach vorne (evtl. mit Zusatzgewicht)

 

Zu beachten:

  • Schiebe dein Knie mindestens bis auf Höhe Zehenspitze oder weiter
  • Versuche die meiste Kraft mit dem vorderen Bein zu bewirken, sodass dein hinteres Bein nicht zu stark ermüdet
  • Die Ausfallschritte kannst du auch als „walking Lunges“ machen und dabei durch deine Wohnung laufen

 

 

 

3. Falls möglich: Single leg Squats/ einbeinige Kniebeugen

Bei der einbeinigen Kniebeuge machst du wie es der Name schon sagt Kniebeugen mit einem Bein. Da du dich an der Wand oft mit nur einem Bein nach oben wegdrücken musst, ist es nützlich diese Kraft aus einem Bein generieren zu können. Dies ist eine fortgeschrittene Übung und nicht für Anfänger zu empfehlen.

Zu beachten:

  • Erhöhe hier etwas die Fersen, falls dir die Beweglichkeit in Hüfte oder Sprunggelenk fehlt (bspw. durch einen Keil oder eine Holzleiste)
  • Schau dass du sicher stehst und nicht wegrutschen kannst
  • Strecke die Arme und das angehobene Bein nach vorne, um den Schwerpunkt optimal zu verlagern

Körperspannung

Stützübungen sind perfekt um eine ganzheitliche Körperspannung aufzubauen und die intermuskuläre Koordination zu verbessern. Folgende Übungen empfehle ich:

1. Seitstütz normal auf dem Unterarm halten

 

Zu beachten:

  • Becken nicht durchhängen lassen
  • Arm grade zur decke zeigen lassen
  • Ellenbogen in den Boden drücken, um den Druck aus der Schulter zu nehmen

 

 

 

2. Seitstütz halten mit angehobenem Bein

 

Zu beachten:

  • Ferse des angehobenen Beins zur Decke ziehen
  • Ansonsten das gleiche wie beim normalen Seitstütz

 

 

 

 

3. Seitstütz halten, auf der Hand aufgestützt mit angehobenem Bein

 

Zu beachten:

  • Becken nicht durchhängen lassen
  • Seitlich zum Boden halten
  • Druck mit der Hand in den Boden aufbauen, um die Schulter zu schützen
  • Blick gerade nach vorne oder nach oben zur ausgestreckten Hand

 

 


4. Rotation sitzend

Eine der gesündesten Übungen für deinen Rumpf und die tiefliegende Rumpfmuskulatur ist der „Russian twist“.

 

Zu beachten:

  • Brustbein anheben
  • Knie bleiben unbewegt an einer Stelle
  • Zehenspitzen zu den Knien ziehen
  • Hände weit weg vom Körper strecken und komplett ausrotieren

 

 


5. Unterarmstütz normal halten

Zu beachten:

  • Keinen Buckel machen
  • Becken lieber zu hoch als zu tief
  • Ellenbogen direkt unter der Schulter
  • Po anspannen um die Lendenwirbelsäule zu stabilisieren

6. Unterarmstütz und abwechselnd die Ferse zur Decke ziehen

Hier gilt das gleiche wie beim normalen Unterarmstütz, nur dass ihr die Fersen so weit es geht zur Decke zieht

Antagonisten (Gegenspieler)

Da du beim Bouldern sehr viel aus der Rückenmuskulatur und dem Bizeps arbeitest solltest du folgenden antagonistischen Übungen auch durchführen.

  1. Liegestütz normal oder auf den Knien
  2. Overhead Farmers Walk – Hierzu nimmst du entweder Hanteln oder etwas schweres, dass du zuhause rumliegen hast (zB. Wasserflaschen oder einen Rucksack mit Büchern drin)
  3. Extensoren des Unterarms / Unterarmstrecker – Nur zu greifen stärkt die Beugemuskulatur des Unterarms extrem, was zu schmerzahften Dysbalancen führen kann – Mit den Tools auf dem Bild kannst du beide Seiten deines Unterarms gleichmäßig trainieren

Sportarten als Ausgleich

Falls du keinen Platz für ein Training zuhause hast oder dich dafür generell nicht motivieren kannst, solltest du ausgleichende Sportarten wie zum Beispiel Yoga oder Pilates angehen, um deinem Körper einen Ausgleich zum Bouldern bieten zu können. Das ist definitiv auch eine gute Alternative und macht ’ne Menge Spaß!

Ich hoffe ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen! Falls du Ideen hast, ich etwas vergessen habe oder du Übungen kennst, die unabdingbar sind – lass es mich in den Kommentaren wissen! Jetzt erstmal ab an die Wand! 🙂

 

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